Cinderella erwacht neben ihrem Traummann
Morgens sieht man ihm noch noch seine Pflichten kaum an
Und die Diener bringen Frühstück und Kaffee ans Bett
Sie weiß, dass nach all den Jahren endlich alles gut ist
Dass sie nun ein Frau von edlem, blauen Blut ist
Das Volk liebt sie, als ob sie nen Heiligenschein hätt
Doch er sieht ihr an, dass sie heut Nacht wieder schlecht geträumt hat
Wegen all den Dingen was sie als Kind versäumt hat
Und das macht die schönste Gegenwart noch nicht wett
Und Cinderella weint
In echt ist das nicht ganz so einfach
In echt hält das Glück seinen Schein schwach
In echt reicht ein Happy End leider nie
In echt muss Cinderella erst in Therapie
Wendy hat mit ihrem Abi gut abgeschnitten
Papa meint, sie sei nun lang genug geritten
Und fragt sie, was sie denn jetzt aus ihrem Leben macht
Tja, wenn sie das wüsste, so wählt sie spontan und ganz schnell
Die nächstbeste Option heißt dann wohl BWL
Nur den Kulturschock in Frankfurt hat sie nicht bedacht
Frankfurt ist einsam, dreckig und ganz schrecklich doof
Und Wendy sieht ein, das Leben ist kein Ponyhof
Was hat ihr ihre heile Welt nun gebracht
Und Wendy weint
In echt wollte sie mal was mit Pferden
In echt kann man da nicht viel werden
In echt stand mal Tierärztin auf ihrem Plan
Nur doof, das Wendy kein Blut sehen kann
So stand das nicht in den Büchern
In echt ist nichts in trockenen Tüchern
In echt wären unsere Helden der Kindheit ganz klein
In echt würde auch ihr Leben kompliziert sein
Peter Pan hat sich lang ans Nimmerland geklammert
Hat berauscht seiner Kindheit nachgejammert
Doch seit er sein Methadon nimmt, fliegt er nicht mehr
Heute jobbt er in Frankfurt, hat sogar ein Rendezvous
Sie sagt sie heißt Wendy und lächelt ihm müde zu
Er sagt: „Ich kannte auch mal ne Wendy, doch das ist lange her“.
Sie mag seinen verträumten Blick, mit dem er doch langsam klar sieht
Er streicht ihr übers Haar, bis er mit ihr aus der Bar flieht
In ein Leben, das wenig hält, was es verspricht
Doch ihr Herzklopfen kümmert es nicht
© 2021 Kai-Olaf Stehrenberg